Ein schöneres Fleckchen Erde für seine "orangerie nature" kann sich Roland Schön gar nicht vorstellen. Der Künstler aus Neudrossenfeld (Landkreis Kulmbach) ist "völlig begeistert" vom neuen Standort, den er nach längerer Suche für seine Konstruktion aus alten Fensterscheiben gefunden hat: den Garten der Villa Concordia in Bamberg.

Die idyllische Lage an der Regnitz und vor allem die halb private, halb öffentliche Nutzung durch die Stipendiaten des Internationalen Künstlerhauses und dessen Besucher seien genau das, wonach er Ausschau gehalten hat.

Etwa 150 Fensterscheiben verarbeitet

Das Objekt völlig unbeaufsichtigt in einer Grünanlage aufzustellen, wäre Schön zu riskant gewesen. Kein Wunder. Seine Orangerie besteht aus ungefähr 150 gebrauchten Fenstern unterschiedlichen Formats. Der Künstler hat sie gesammelt und daraus etwas Neues gemacht, das nur von Weitem wie eine Art Glashaus aussieht.
Aus der Nähe betrachtet und wenn man es einmal von innen erlebt hat, entpuppt es sich als ein ganz besonderer, ein fast zauberhafter Ort.

Die Konstruktion ist regendicht, aber nicht luftdicht. Weil ein ständiger Luftaustausch herrscht, heizt sich der transparente Raum weder auf noch kühlt er aus. Glaubt man Schön, dann gibt es keinen besseren Fleck, um in einem Sessel zu lümmeln und nichts zu tun - oder an einem Tisch zu sitzen und zu essen und zu trinken.

Mit bis zu 15 Leuten sei das bequem machbar, sagt der Künstler und nennt die Ausmaße: fünf mal sieben mal vier Meter.

Jede einzelne Glasscheibe trägt die Handschrift des Künstlers in Form eines Pflanzennamens. Viele tragen so klangvolle Bezeichnungen wie Augentrost und Panamapalme, Liebstöckel und Engelstrompete. Wenn Betrachter damit zu Assoziationen angeregt werden, die gar nichts mit der Botanik zu tun haben, wäre das ganz im Sinn von Roland Schön.

Dem Zauber seiner "orangerie nature" ist auch schon die Hausherrin der Villa Concordia, Nora Gomringer, erlegen. "Ich gehe oft rein und mache dort mein Yoga", verrät die Künstlerhaus-Direktorin. Und sie berichtet, dass Stipendiaten unbedingt einmal in dem Kunstobjekt übernachten wollen, quasi unter freiem Himmel schlafen werden.

Gomringer: erhebendes Gefühl

Das "erhebende Gefühl, da drin zu sein" (Gomringer) können Interessierte in den nächsten eineinhalb Jahren bei allen Veranstaltungen in der Villa Concordia erleben. Schöns Orangerie soll bei allen Führungen und Veranstaltungen zugänglich sein, wenn der Garten geöffnet ist.

Die erste Gelegenheit wird sich am Dienstag, 12. Mai, bieten, wenn ab 19 Uhr die neuen Künstlerhaus-Stipendiaten der Bamberger Öffentlichkeit vorgestellt werden (Eintritt frei). Ein "open house" soll es zudem zur offiziellen Einweihung des Kunstwerks am 13. Juni ab 18 Uhr geben.

Parallele zum "Himmelsgarten"

Gomringer ließ sich von Schön schnell für die Idee begeistern, das Kunstobjekt auf Zeit in Bamberg zu beherbergen - nicht zuletzt wegen seines Bezugs zum Kloster St. Michael, dessen Gründung sich heuer zum 1000. Mal jährt.

In der Kirche auf dem Michelsberg gibt es das berühmten Deckengemälde "Himmelsgarten" mit seinen fast 600 Pflanzendarstellungen, drunten an der Regnitz jetzt die "orangerie nature" mit Namen von Gewächsen, die man ebenfalls im "Himmelsgarten" findet. Für Gomringer ein glücklicher Zufall und eine Verbindung von Künstlerhaus und Michelsberger Jubiläum, nach der sie irgendwie gesucht habe.

Zumal die ehemalige Klosterkirche im Jubiläumsjahr (und noch viel länger) wegen massiver Bauschäden nicht zugänglich ist, Schöns Kunstobjekt am Rand zum Hain aber schon.

Lichtinstallation für die Bamberger Gartenschau entworfen

Entworfen und gebaut wurde die "orangerie nature" für die Landesgartenschau (LGS) 2006 in Marktredwitz. Auch auf der Bamberger LGS 2012 war der Neudrossenfelder mit einem Werk vertreten: Er schuf die Lichtinstallation "Rotkehlchen, Schwarzwurzel". Manche Gartenschaubesucher erinnern sich sicher an die beiden Wörter, die als überdimensionale Schriftzüge an einem der Erba-Altbauten prangten.

Zur Zeit ist dieses Kunstwerk bei der Stadt Bamberg eingelagert. Es soll nach Auskunft von Stefanie Schirken-Gerster von der städtischen Pressestelle eines Tages an anderer Stelle in den öffentlichen Raum zurückkehren.

Ginge es nach dem Künstler, dann wird die Installation das ehemalige Kreiswehrersatzamt verschönern, vorausgesetzt, die Stadt erwirbt es. Die Kommune verhandelt derzeit mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben über den Kauf des schmucklosen 1960er-Jahre-Verwaltungsgebäudes am ZOB.