Unterhaltung

Bündnis pusht Ärzte-Song "Schrei nach Liebe" wieder in den Charts

Ihr Statement ist zeitlos: Die Ärzte alias Rodrigo González, Farin Urlaub und Bela B (v.l.n.r.).

Ihr Statement ist zeitlos: Die Ärzte alias Rodrigo González, Farin Urlaub und Bela B (v.l.n.r.).

(Foto: Jörg Steinmetz)

Mehr als 20 Jahre hat das Lied "Schrei nach Liebe" der Ärzte mittlerweile auf dem Buckel. Dennoch scheint seine Botschaft nichts an Aktualität eingebüßt zu haben. Die "Aktion Arschloch" bringt den Song nun zurück in die Hitparaden.

"Arschloch!" Mit diesem Kraftausdruck meldeten sich Die Ärzte 1993 nach fünf Jahren Bandpause zurück. Und besser hätte die Gruppe um die Gründungsmitglieder Farin Urlaub und Bela B sowie den damaligen Neuzugang Rodrigo González ihr Comeback seinerzeit nicht einläuten können. Nicht nur weil der Song "Schrei nach Liebe", in dem der Ausruf vorkommt, ein musikalischer Paukenschlag war. Es war auch der passendste Kommentar zu einer von Ausländerfeindlichkeit und rechter Gewalt aufgeheizten Stimmung in Deutschland zu jener Zeit - von den Übergriffen auf Asylbewerber in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen bis hin zu den tödlichen Brandanschlägen auf türkische Familien in Mölln und Solingen.

22 Jahre danach droht sich die Geschichte zu wiederholen. Vor Flüchtlingsunterkünften wie in Freital und Heidenau tobt ein rechtsextremer und gewaltbereiter Mob, im Netz kursieren die übelsten fremdenfeindlichen und menschenverachtenden Kommentare. "Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe. Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit. Du hast nie gelernt, dich zu artikulieren. Und deine Eltern hatten niemals für dich Zeit … Arschloch!" - die Botschaft von "Schrei nach Liebe" scheint nichts von ihrer Aktualität eingebüßt zu haben.

Platz 1 in Download-Charts

Dies sah auch der Musiklehrer Gerhard Torges aus Niedersachsen so. Kurzerhand gründete er mit mehreren Mitstreitern die "Aktion Arschloch" mit dem Ziel, dem Ärzte-Song nach knapp einem Vierteljahrhundert neue Aufmerksamkeit zu bescheren. Das Bündnis fordert etwa dazu auf, sich das Lied zu kaufen und das Video anzusehen, es im Internet zu teilen und positiv zu bewerten oder es sich bei Radiosendern zu wünschen. Nun feiert die Aktion erste Erfolge: Unter anderem bei Google Play und Amazon erreichte "Schrei nach Liebe" Platz 1 der Download-Charts.

Ganz neu ist die Idee, einen älteren Song noch einmal bewusst zu pushen, nicht. 2009 etwa erklomm das Lied "Killing in the Name of" der Crossover-Pioniere Rage Against The Machine 17 Jahre nach seiner Veröffentlichung die Spitze der britischen Charts. Ziel dieser Aktion war es, gegen die zunehmende Kommerzialisierung von Musik durch Castingshows und Retortenbands zu protestieren.

Statement der Ärzte

Bei der jetzigen "Schrei nach Liebe"-Aktion traten flugs auch einige Bedenkenträger auf den Plan, die bemängelten, man mache mit ihr höchstens die Ärzte-Mitglieder reicher. Dem nahm die Band jedoch umgehend den Wind aus den Segeln. Auf ihrer Homepage postete sie ein Statement zur "Aktion Arschloch": "Die Ärzte finden es gut und wichtig, dass im Radio Stellung bezogen wird. Die Aktion wäre auch mit jedem anderen Anti-Nazi-Song cool. Wenn es unser Lied sein soll, unterstützen wir das aber natürlich gern." Und die Gruppe ergänzte: "Wir wollen an dieser Sache definitiv nichts verdienen und werden alle Einnahmen von 'Schrei nach Liebe' (auch aus der GEMA) an Pro Asyl spenden. Wir wünschen allen Nazis und ihren Sympathisanten schlechte Unterhaltung."

Bela B erklärte vor einiger Zeit in einem Interview mit n-tv.de: "'Schrei nach Liebe' ist sicher der Song, auf dem wir am stolzesten sind." Gleichwohl wolle die Gruppe dafür bestimmt nicht mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden. Ohnehin ist eine Würdigung ihres zeitlos bedeutsamen Statements wie nun mit der "Aktion Arschloch" vermutlich die bessere.

Quelle: ntv.de, vpr

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